Lukas erzählt in seinem Evangelium von der Begegnung Marias und Elisabeths. Zwei schwangere Frauen freuen sich, einander zu sehen.
Aber nicht nur die Mütter, sondern auch die ungeborenen Kinder begrüßen sich
– das ist das außergewöhnliche an dieser Erzählung.
Elisabeth nimmt auf, was ihr Sohn Johannes empfindet, als er sich vor Freude im Leib bewegt. Seine Reaktion schwingt in ihr nach und erschließt Elisabeth das Geheimnis Mariens. Sie ist auserwählt und gesegnet, weil sich dem anvertraut hat, zu dem der Engel sie aufgefordert hatte.
Dieses verborgene Geheimnis lässt sich nicht mit den Augen sehen und auch nicht durch den Verstand erschließen; Elisabeth hat es erspürt-
Intuition, Bauchgefühl, Empathie zeigen uns, was mit dem anderen los ist. Man könnte auch von den Augen des Herzens sprechen, die nicht am Sichtbaren hängenbleiben, sondern tiefer sehen.
Das Herz besitzt eine besondere Fähigkeit: mit ihm nehmen wir Beziehung auf und stellen eine Verbindung her, indem wir uns berühren lassen. Weil wir in Resonanz gehen,
erahnen wir, was den anderen Menschen in der Seele bewegt.
Das Herz ist auch die Antenne, die die verborgene Nähe Gottes aufnehmen kann. Jesus verheißt denen, deren Herz bereit ist, dass sie Gott schauen werden.
Das Herz steht nicht im Widerspruch zum Verstand, es ist vielmehr ein erleuchteter Verstand. Das Herz dürfen wir auch nicht auf Gefühle und Bedürfnisse reduzieren. Im Gegenteil. Emotionen können den Blick des Herzens trüben. Ein Mensch kann gefangen sein in sich selbst sowohl in seinen Emotionen und Leidenschaften als auch in seinen Gedanken und Analysen. So sehr, dass das Herz seine Fähigkeiten verliert, Verbindung aufzunehmen. Dann muss das Herz sich wieder neu bereiten, sich lösen von Besetzungen und Fixierungen,
sich wieder öffnen.
Für diese Neuausrichtung des Herzens steht der Advent. „Bereitet dem Herrn einen Weg“ ruft Johannes in der Wüste, „ebnet ihm die Straßen.“ Advent ist die Zeit, zu unterscheiden, was wichtig ist, sich zu lösen von dem, was den Lebensfluss blockiert. Damit das Herz frei wird und wahrnimmt, wie der Herr an die Tür klopft und spürt, dass er verborgen längst schon da ist.