Zu Beginn der Karwoche möchte ich mich in einer besonderen Weise den Geheimnissen dieser Tage nähern – und zwar mit der Figur des Zachäus.
Zachäus
Der Zöllner aus Jericho hatte sich der Macht der Römer verschrieben, seine Seele verkauft, nur um des Geldes willen. Oder trieb ihn dazu vielleicht noch mehr an? War es die Suche nach der Anerkennung oder zumindest nach Respekt? Darüber schweigt das Evangelium; auch darüber, wie alles anfing, wie Zachäus sich erst der Idee öffnete, wie der Gedanke in seine Seele tröpfelte und von ihr Besitz ergriff, wie er Kontakt mit Römern aufnahm und sich für dieses Geschäft des Zolleintreibens anbot. Wie auch immer die einzelnen Schritte waren: die dunkle Macht hat von ihm Schritt für Schritt Besitz ergriffen und dabei alles zerstört: das Leben der Anderen und sein eigenes. Denn die Menschen sahen ihn ihm einen Verräter und meideten seine Gegenwart. Und Zachäus saß in der Falle gefangen in sich selbst.
Doch dann kam Jesus in die Stadt. Er lebte genau das Gegenteil, verteilte was er hatte, ohne Angst zu haben, zu kurz zu kommen, verschenkte er sich selbst. Jesus besaß eine Ausstrahlung, die alle faszinierte.
Die Menschen von Jericho hatten gute Gründe, Zachäus abzulehnen. Aber Jesus sah tiefer, sah die Seele, sah den guten Kern dieses Menschen. Und dieser Blick war es, der Zachäus heilte. Durch diese Zuwendung gelang es Jesus den Mann aus den Fängen der Dunklen Macht zu befreien.
In Jericho trafen zwei Urkräfte aufeinander: die dunkle Macht des Todes, die Zachäus ergriffen hatte und das Licht Gottes, das in Jesus leuchtete.
Karfreitag und Ostern
Die Dunkle Macht ist gefährlich. Am Ende seines Lebens sollte Jesus das am eigenen Leibe erleben. Sein Freund verriet ihn, er wurde gefangen genommen, gefoltert und gekreuzigt. Das Dunkle erfasste ihn, brach über ihn hinein und bestürmte sein Inneres.
Was soll man dieser Macht entgegensetzen? Gewalt und Aggression würden einen selbst in ihren Bann ziehen und sie noch vergrößern. Die Bibel erzählt, dass Jesus die Macht durch die Hingabe gebrochen hat.
Drei Tage nach Karfreitag feiern wir Auferstehung. Gott hat Jesus aus dem Hades errettet und damit den Weg Jesu bestätigt und gezeigt, dass das Liebe stärker ist als das Böse. An Ostern hängt alles, hat Paulus schon geschrieben.
Mein Leben
Diese gute Nachricht (Eu-angelion) wirft ein Licht auf unser Leben. Dunkel erfahren wir um uns und in uns – jeder und jede anders. Gemeinsam gefangen hält uns jetzt schon über Monate der Coronavirus, der das normale Miteinander zerstört oder zumindest behindert.
All das, was uns bedrängt, können wir im Gebet zu Jesus bringen, er kennt es und hat es ertragen und erlitten. Er weiß, wie es dem geht, dem es nicht gut geht.
Sicher sollen wir kämpfen und uns für Veränderungen einsetzen, wo wir nur können – Christentum bedeutet sich einzusetzen und gerade nicht „die Hände in den Schoss zu legen“. Aber es gibt doch Punkte im Leben, die ich nur ändern kann, in dem ich sie annehme. Und das kann bitter und schwer sein, manchmal sehr schwer.
Das Bedrängende annehmen kann ich aber nur, wenn ich darauf vertraue, dass das Heil das letzte Wort hat, dass – wie die Bibel es ausdrückt – am Ende ein neues Jerusalem vom Himmel steigen wird.
Jesus hat Zachäus erlöst, indem er hingeschaut hat, wie die Dunkle Macht ihn gefangen hielt. Und Jesus hat die Not des Zachäus gesehen.
Wir sind in der Karwoche eingeladen, auf das Leiden zu schauen: auf unser Leiden und das Leiden anderer Menschen. Wenn wir nicht wegsehen, sondern mit einem liebevollen Blick wahrnehmen, wie es dem anderen geht, beginnt bereits die Wandlung.